Die Rede als Werkzeug der internen Kommunikation

Praxis

Reden sind ein wichtiges Mittel, um sich nach außen darzustellen. Längst sind beispielsweise Produkt-Launches oder Hauptversammlungen großer Konzerne durchchoreographiert, werden professionelle Redenschreiber und Coaches bemüht, um den Botschaften den letzten Schliff und dem Auftritt Glanz zu verleihen. Immer öfter gelingt dies, und mit jedem Gelingen wächst die Gemeinde derer, die begriffen haben, dass der öffentliche Auftritt akribisch geplant und professionell vorbereitet sein will.

Doch wie sieht es bei der internen Kommunikation aus? Die gute Nachricht vorweg: Laut einer Umfrage des Verbands der Redenschreiber deutscher Sprache vom Juni 2013 wird vor allem in inhabergeführten mittelständischen Familienunternehmen die direkte Mitarbeiteransprache als sehr wichtig angesehen. Mehr noch als aus Gründen öffentlicher Selbstdarstellung werden hier aus internen Anlässen Reden gehalten. Und Redenhalten ist Chefsache!

Die Geschäftsführer halten ihre Reden nicht nur selbst, sondern viele schreiben sie sogar selbst. Gefragte Autoren sind auch Mitarbeiter aus Pressestellen oder Fachabteilungen. Doch obwohl das Instrument der Rede als sehr wichtig für die interne Kommunikation angesehen wird, nutzen es die meisten Unternehmen eher selten. Dann jedoch umso ausführlicher: Rund 45 Minuten dauert eine Ansprache in der Regel, gerne wird es auch mal länger.

Ohne Zweifel: Reden sind wichtige Instrumente der internen Kommunikation. Sie können motivieren, Identifikation stiften und inspirieren. Falsch eingesetzt wirken sie jedoch wie eine verstimmte Geige: Das Orchester kann noch so vollendet spielen, es wird von schiefen Tönen überlagert. Ein falsches Wort, ein unüberlegtes Setting, ein zu später Zeitpunkt – und schon läuft die gute Absicht des Vorstands ins Leere. Deshalb gilt es, einige goldene Regeln zu beachten.

1. Reden Sie regelmäßig zu den Mitarbeitern

Es gibt viele Gründe, zu den Mitarbeitern zu sprechen. Nutzen Sie sie! Weder ist es hilfreich, wenn der oberste Chef sich ausschließlich mit negativen Botschaften an die Belegschaft wendet, noch nutzt es, wenn dies nur bei erfreulichen Anlässen geschieht. Im ersten Fall erzeugt bereits die Ankündigung einer Ansprache Unsicherheit und gegebenenfalls Abwehrhaltung im Betrieb. Wenn die Chefanprache gleichgesetzt wird mit schlechten Nachrichten, befeuert dies nicht selten die Gerüchteküche und die Arbeitsprozesse werden gestört.

Tritt ein Vorstandsvorsitzender oder Geschäftsführer hingegen nur bei positiven Anlässen auf, wird ihm schnell der Stempel des Schönwetter-Redners verpasst, sobald im Unternehmen Probleme auftreten. In Zeiten von Krisen oder des Umbruches möchte niemand, dass sich die Geschäftsleitung weg duckt. Eine echte Führungspersönlichkeit zeichnet sich dadurch aus, dass sie in jeder Situation präsent ist und Orientierung gibt. Und dies geht am besten durch die direkte Ansprache.

2. Auch interne Reden sind Teil einer Gesamtstrategie

Interne und externe Kommunikation müssen aufeinander abgestimmt sein. Gibt es nach außen etwas zu berichten, dann ist es in der Regel auch für die Mitarbeiter wichtig – egal, ob es sich um gute oder eher schlechte Nachrichten handelt. Erfahren sie zum Beispiel erst aus den Medien, was die Leitung des Hauses plant, oder wie sie zu diesem oder jenem Sachverhalt steht, kann das katastrophale Auswirkungen auf die Stimmung haben. Ein Gefühl der Geringschätzung macht sich breit. Hat man nicht alles für den Betrieb gegeben? Ist man es nicht wert, vorher informiert zu werden?

Deshalb ist es unverzichtbar, jede öffentliche Äußerung auch auf ihre interne Wirkung hin zu überprüfen und zu hinterfragen, wann und auf welche Weise die Belegschaft informiert werden muss.

Mal eben zu den Mitarbeitern sprechen – das kann sympathisch wirken, wenn alles gut läuft, wenn Bilanzen und Stimmung positiv und die Prognosen verheißungsvoll sind. Das ändert sich schlagartig, wenn die Konjunktur lahmt, ein Change-Prozess ansteht oder innerhalb der Branche Unruhe entstanden ist. Dann wird jedes Wort einer Führungskraft von den Mitarbeitern auf die Goldwaage gelegt, jedes ABER wird nicht als normale Einschränkung, sondern plötzlich als komplettes Revidieren des vorher Gesagten angesehen.

Deshalb gilt: Die Rede an die Belegschaft muss geplant, gut vor- und nachbereitet werden! Wichtige Fragen, die an dieser Stelle geklärt werden müssen, betreffen dabei nicht nur Botschaften und Rededuktus, sondern vor allem auch Organisatorisches und Strategisches:

  • Was steht in der Ankündigung beziehungsweise der Einladung?

  • Wer muss vorab informiert werden (andere Mitarbeiter der Leitungsebene, Betriebsrat?)

  • Wann wird geredet? Parallel zu einer Veröffentlichung eines wegweisenden Interviews zum Beispiel?

  • Wo findet die Ansprache statt?

  • Wie wird die Veranstaltung aufgezogen – schlicht und schnörkellos oder gibt es einen Imbiss und ein kurzes Get-Together?

  • Werden Fragen zugelassen? Wenn ja: welche sind zu erwarten? Wenn nein: Wie begründen wir das?

Daneben ist natürlich auch die Nachbereitung sofort in die ersten Überlegungen einzubeziehen:

  • An wen können sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wenden, wenn sie nach der Veranstaltung noch Fragen haben?

  • Steht der Redner, der in seiner Rede vollmundig ankündigen will “meine Türen stehen Ihnen offen” wirklich den Mitarbeitern zur Verfügung?

  • Wie ist das weitere Informationsmanagement geplant? Wer ankündigt, umgehend mitzuteilen, wenn es Neuigkeiten gibt, muss sicherstellen, dass dies auch passiert.

3. Sie reden zu Menschen, nicht zur Sache

Auch wenn deutsche Redner besser als ihr Ruf sind, so fällt doch immer wieder auf: Sachlichkeit wird hierzulande oft immer noch höher bewertet als Emotionalität. Von den Rednern, wohlgemerkt. Die Zuhörer hingegen sind dankbar für Emotionen und vor allem für Empathie.

Redner sollten sich deshalb klar machen: Reine Sachlichkeit versprüht Kälte und schafft Distanz. Aber gerade in schwierigen Zeiten brauchen Geschäftsführer und Vorstände Mitarbeiter, die mitziehen, die sich einbringen und für den Betrieb kämpfen. Sich in ihre Gefühle hineinzuversetzen, ihnen mit – glaubwürdiger! – Empathie zu begegnen, ist unabdingbar, um als Redner Führungskompetenz zu zeigen.

4. Sprechen kann jeder, aber reden muss man üben

Machen Sie sich klar: Jede Ansprache löst Emotionen aus – durch die Inhalte, die transportiert werden, aber auch durch die Art des Vortrags! Deshalb gilt: Je wichtiger ein Vortrag ist, je kritischer die Situation, desto intensiver muss er vorher geübt werden.

  • Die wichtigsten Botschaften dürfen nicht abgelesen werden. Schauen Sie Ihr Publikum an! Es würde ja auch niemand im Zweiergespräch den Blickkontakt abreißen lassen, wenn etwas Wichtiges gesagt wird. Andernfalls würden Glaubwürdigkeit oder Ernsthaftigkeit der Aussage angezweifelt.

  • Variieren Sie Redetempo und Lautstärke und machen Sie Pausen. So vermeiden Sie ermüdende Monotonie. Außerdem sind Sprechpausen auch Denkpausen – für den Redner und das Publikum!

  • Seien Sie ehrlich – wenn beispielsweise zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine klareren Aussagen gemacht werden können, sprechen Sie dies an. Stellen Sie sich darauf ein, dass Ihnen Ablehnung entgegenschlägt – und zeigen Sie auch dafür Verständnis. Auch wenn es schwerfällt: Sie transportieren eine Haltung, die das Verhältnis zur Belegschaft auf lange Sicht stabilisiert.

 5. Man kann über alles reden – nur nicht über 20 Minuten

Treffen sich zwei Lobbyisten in Berlin. Sagt der eine: “Gehst Du heute Abend zu dieser Veranstaltung?” Sagt der andere: “Ja, aber erst eine Stunde nach Beginn. Dann sind die Reden gehalten!”

Hand aufs Herz: Geht es Ihnen nicht manchmal ähnlich? Dann geht es Ihnen wie den meisten Menschen. Deshalb: Ob öffentlich oder intern – reden Sie bildhaft, reden Sie klar und vor allem kurz! 20 Minuten sind die maximale Länge, um Aufmerksamkeit zu erhalten und zudem völlig ausreichend, um drei wesentliche Botschaften zu vermitteln. Alles, was darüber hinausgeht, geht auf Kosten der Wirkung.