Agenda-Setting ist eine spannende Sache. Meister der Inszenierung beugen sich über die Medienlandschaft, platzieren ausgezirkelte Zitate und schleusen subtile Botschaften in Bildkompositionen. Jedenfalls, wenn ihr Chef nicht Friedrich Merz heißt.
Der steht dann beim Antrittsbesuch in Brandenburg und redet nicht nur über Infrastruktur, Verkehr und Wirtschaft, sondern auch über Migration. Und dann fällt ihm laut ein, dass wir ja ein Problem mit dem deutschen Stadtbild haben, aber sagt nicht, welches genau.
Was hat er nur gemeint?
Anschließend ereifert sich Deutschland eine Woche darüber, was Merz gemeint haben könnte. Wer Merz nicht mag, weiß, dass er natürlich alle Menschen mit schwarzen Haaren gemeint hat, vor allem die hart arbeitenden mit deutschem Pass. Wer ihn mag, sagt, er habe natürlich kriminelle Migranten mit Messer in der Tasche nachts am Bahnhof gemeint.
Weder Merz noch seine Spindoktoren rund um seinen Sprecher Stefan Kornelius helfen bei der Exegese. Stattdessen gibt es mehr Puzzlestücke: Merz raunt etwas von Töchtern. Statt Klartext zu reden, gibt Merz lieber die Projektionsfläche. Zu Oppositionsführern passt das, zu Kanzlern eher nicht.
Falscher Ort, falsche Zeit
Die Auflösung kam auf einem Westbalkan-Gipfel in London – natürlich. Was dort besprochen wurde, ist für die Agenda der Nation wahrscheinlich nicht so wichtig. Merz stellte dort klar: Es ging ihm um Ausländer ohne Bleiberecht, die sich nicht an unsere Regeln halten.
Das sah man auf dem Stadtbild von Köln nicht, wo sich wie in anderen deutschen Städten jede Menge weiße Gesichter für Demos versammelten, die Merz doof finden. Und natürlich sah man die Stadt Köln, die ein wirklich hässliches Stadtbild bietet. Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich meine die Häuser.
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