Welcher moderne Leadership-Ratschlag ist überwertet?

Politik

Michael Donnermeyer, Mitglied des Vorstands und Key Account Manager im Berliner Büro von Concilius:

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“Weniger Führung und mehr Vernetzung gleich höhere Kreativität? Mitnichten. Hierarchie ist nicht unmodern und überholt, entscheidend ist die Transparenz ihrer Legitimität, durch Inhalte, Verantwortung und/oder persönliche Autorität. Dann ist Führung keine Frage von plattem Topdown sondern von klarer Struktur.”

 

Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD), Ministerin für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie des Landes Rheinland-Pfalz:

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“Gute Führung leidet oft unter der allseits beschworenen Flexibilität. Prozesse beschleunigen sich und Entscheidungen müssen immer schneller getroffen werden. Doch wie am Fließband zu entscheiden, birgt Gefahren. Ziele zu definieren und Wege vorzugeben, braucht Zeit – Zeit zur Reflexion, Zeit zum Austausch. Umso wichtiger ist es, für Auszeiten vom Arbeitsalltag zu sorgen – ohne Kurznachrichten und Telefonschaltkonferenzen. Dies gilt es von den Mitarbeitern einzufordern – und selbstverständlich selbst vorzuleben.”

 

Christoph Seeger, Chefredakteur des Magazins “Harvard Business Manager”:

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“Führungskräfte sollen authentisch sein. Dieser gut gemeinte Rat hat bei vielen Angesprochenen eher für Verwirrung als für Klarheit gesorgt. Im schlimmsten Fall dient die Forderung nach Authentizität als Ausrede, sich hinter seinen Schrullen und Launen zu verstecken. Wichtiger ist für Manager, dass sie in immer neue Führungsrollen schlüpfen können. Das ist allerdings deutlich anspruchsvoller.”

 

Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU), Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg:

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“In manchen Leadership-Seminaren wird viel Wert darauf gelegt, die Führungskräfte bis hin zur allerkleinsten Geste zu coachen. Führungskräfte müssen glaubwürdige Botschafter sein, daher ist überzogene Selbstinszenierung fehl am Platz. Viel wichtiger ist es, authentisch zu sein und die Bereitschaft zu haben, klare Entscheidungen zu treffen. Moderne Führung bedeutet für mich vor allem, die Menschen mitzunehmen und geordnete Strukturen anzubieten, die gleichzeitig so flexibel sind, dass jeder seine eigenen Impulse einbringen kann.”

 

Andrea Verpoorten, Leiterin Leitungsstab/Politik beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft GDV:

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“Da jeder Mitarbeiter individuell ist, ist es schwierig, mit einer Schablone Führungsleitsätze auf ein Unternehmen zu legen. Leitsätze sollten von Führungskräften gelebt und von Mitarbeitern geschätzt werden. Viele Unternehmen machen den Fehler, dass sie sich, abgeriegelt auf Geschäftsführerebene, für Werte entscheiden und diese auf ihr Unternehmen ausrollen wollen. Sollten hier die Führungskräfte und Mitarbeiter nicht abgeholt worden sein, werden diese Versuche scheitern oder sogar Schaden anrichten.”

 

Anders Mertzlufft, Director im Bereich Corporate und Public Affairs am Berliner Standort von Hill+Knowlton Strategies:

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“Leadership funktioniert nicht wie ein gutes Sportprogramm. Mut und Entscheidungsfreude lassen sich nicht trainieren. Sie sind genauso wenig abhängig von einer formalen Position. Wer strukturiertes Mikromanagement liebt, dem hilft auch kein Coaching. Leadership entsteht durch Neugier auf Veränderungen. Und die Fähigkeit, mit Makro Neues zu gestalten. So entsteht Inspiration für andere.”

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe politik&kommunikation II/2016 Leadership. Das Heft können Sie hier bestellen.