Reine Familiensache

Eigentlich war es nur eine kurze Mitteilung der Bundestagsverwaltung, die laut Parteiengesetz dazu verpflichtet ist, Einzelspenden über 50.000 Euro zu veröffentlichen:
Am 9. Oktober sind drei Spenden der Familie Quandt von jeweils 230.000 Euro auf dem CDU-Konto eingegangen. Am gleichen Tag überwiesen die BMW-Anteilseigner Johanna Quandt, ihr Sohn Stefan und Tochter Susanne Klatten weitere drei Spenden in Höhe von insgesamt 210.000 Euro, diesmal an die FDP. Was folgte, waren Vorwürfe einer gekauften Politik, da nur wenige Tage zuvor die Bundesregierung die Einführung strengerer EU-Abgasnormen für Autos hinauszögerte.

Transparency International mahnte, die Opposition murrte, Merkel schwieg, die Quandts ebenso.
An der medialen und politikwissenschaftlichen Diskussion über die Spende wird deutlich: Beide Disziplinen haben es versäumt, den Unternehmenstyp Familienunternehmen mit nur wenigen Eigentümern und den Typus „Publikumsgesellschaft“ mit breit gestreuten Gesellschaftsanteilen unterscheiden zu lernen. Dabei gibt es zwischen den beiden Formen erhebliche Unterschiede in der Unternehmensführung. Es war nicht der Konzern BMW, sondern die Familie Quandt, die den Parteien die großzügige Zuwendung  zukommen ließ.

In der Tat ist davon auszugehen, dass die politische Kommunikation eines Unternehmens als Public oder Government Affairs strategisch erfolgt, um das Geschäftsmodell langfristig zu sichern: Eine Parteispende als Lobbying-Instrument gehört heutzutage aber nicht mehr dazu.
Bisher hat kaum ein Familienunternehmen einen Prozess für politische Kommunikation. Insbesondere für die Familienunternehmerdynastien ist es eine Family Affair: Der Vater oder die Urgroßmutter haben sozialpolitische Meilensteine im Aufbau der Region oder der Republik geleistet. Die Erinnerung daran dient dazu, die familiäre Identität der Mitglieder in der Gegenwart zu festigen.

Lang gewachsene Tradtion

Auch Parteispenden werden als traditionelles Handeln und somit als wertrational-patriarchalischer Beitrag für die Gesellschaft betrachtet. Denn für den Familienunternehmer gehört zur Wertschöpfung auch die Förderung von Kultur, Politik und des Sozialen – eben des Umfeldes, in dem die Unternehmens-Mitarbeiter und deren Familien arbeiten und leben.

Familienunternehmen stehen im globalen Wettbewerb. Sie sind Betroffene vom professionellen Lobbying international agierender Konzerne, das sich insbesondere auf europäischer Ebene vollzieht. Die Situation überfordert sie, da eine erfolgreiche, familiär-wertrationale politische Kommunikation an den regionalen Grenzen endet. Daher versuchen sie wie im Falle Quandt, ihre tradierte Kommunikationskultur auf überregionaler Ebene zu etablieren. Solche Versuche misslingen immer öfter und so gibt es bei der Mehrheit der Familienunternehmen, die immerhin 90 Prozent der deutschen Wirtschaft bilden, eine hohe Verdrossenheit gegenüber der Bundes- und EU-Politik.

Umdenken vorausgesetzt

Die Familienunternehmen zu professionalisieren wird in den kommenden Jahren eine wichtige Aufgabe sein, um das Interessengleichgewicht in den Wirtschaftsverbänden und gegenüber der Politik wieder herzustellen. Das setzt jedoch ein Umdenken bei den Gesellschaftern voraus und erfordert von Beratern den Einsatz spezieller Public-Affairs-Techniken, welche dem Management sowie der wertorientierten Kultur in Familienunternehmen entsprechen.
Auch spezielle Trainings für Familienunternehmer können helfen, um auf überregionaler Ebene „regelkonform“ und erfolgreicher Interessen zu vertreten.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Team America – Die neuen Transatlantiker. Das Heft können Sie hier bestellen.