Müllers Führungsstil – eine Mimik-Analyse

Praxis

Klaus Wowereit geht, Michael Müller kommt. Vergangenen Donnerstag wurde Michael Müller zum neuen Regierenden Bürgermeister von Berlin gewählt. Überraschend erhielt er 87 von 146 Stimmen, das sind zwei Stimmen mehr, als die Große Koalition Sitze im Berliner Abgeordentenhaus hat. Nun steht Müller vor großen Aufgaben, wie zum Beispiel die Baumängel am künftigen Hauptstadtflughafen BER in den Griff zu bekommen und die Olympischen Spiele 2024 nach Berlin zu holen. Wie wird Michael Müller diese Aufgaben bewältigen? Was verrät uns diesbezüglich seine Mimik?

In einem Interview mit dem rbb erklärte Michael Müller seinen Führungsstil mit den Worten: “Es ist schon so, dass ich mich sehr gerne auch berate […] mit denen, mit denen ich jeden Tag zusammenarbeite, mit meinen Staatssekretären, Büroleitern, Referenten, diese Rücksprache auch zu halten, um dann sich auf einen Weg zu verständigen. Das ist mir sehr wichtig.” Michael Müller bezeichnet sich selbst als einen Politiker, der einen kooperativen Führungsstil lebt. Was aber spiegeln seine Körpersprache und Mimik wider?

Beginnen wir die Analyse mit der Körpersprache: Müller zeigt wenige sogenannte Illustratoren. Das sind Gesten, mit denen wir unsere Worte unterstreichen. Der neue Regierende Bürgermeister setzt diese Gesten sehr sparsam ein. Er benutzt sie nur, wenn ihm etwas wirklich wichtig ist. Dadurch wirkt seine Körpersprache eher ruhig und bedächtig, typisch für jemanden mit einem kooperativen Führungsstil. Auf der anderen Seite ist dies aber wahrscheinlich auch einer der Gründe, warum er auf manch einen dröge wirkt.

Kaum Expressionen von Ärger oder Verachtung

Nun zur Mimik: Müllers Mienenspiel spricht die gleiche Sprache wie die Gestik und deutet ebenfalls auf einen kooperativen Führungsstil hin, denn genau wie in der bedächtig und zurückhaltend wirkenden Körpersprache gibt es auch hier keine Signale dafür, dass er ein autoritärer Machtmensch sein könnte. Er zeigt so gut wie keine Expressionen von Ärger oder Verachtung, stattdessen tauchen sehr häufig Ausdrücke von Sorge und Betroffenheit auf. Sorge zeigt sich zum Beispiel, als er von der Bewerbung für die Olympischen Spiele spricht: “Es wird keine Olympischen Spiele geben gegen die Berlinerinnen und Berliner”, sagt er in dem rbb-Interview und zieht dabei die Augenbrauen hoch und zusammen. Das weist darauf hin, dass er sich möglicherweise bezüglich der anstehenden Volksabstimmung zu Olympia Sorgen macht, ob die Berliner überhaupt mit ihm mitgehen wollen. Müller selbst sieht die Olympischen Spiele hingegen als Chance für die Stadt.

Es bleibt spannend zu sehen, wie Müller sich gegen Widerstände durchsetzen wird. Da Menschen mit einem kooperativen Führungsstil die Tendenz haben, mehr auf die Bedürfnisse der anderen zu achten als auf die eigenen, fällt es ihnen in solchen Fällen häufig schwer sich durchzusetzen. Emotionen, die auf Abgrenzung und Durchsetzung ausgerichtet sind (beispielsweise Ärger oder Ablehnung), zeigen sie häufig nur versteckt und subtil. Im rbb-Interview wird dies bei Müller zum Beispiel im Falle der Großbaustelle BER deutlich.

Zum Hintergrund: Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke hat noch vor Müllers Wahl zum Regierenden Bürgermeister seine Minister aus dem Aufsichtsrat abgezogen und unter anderem durch Topmanager ersetzt. Im Interview sagte Müller: “Ich bedauere es, dass Brandenburg das schon so entschieden hat.” Er spricht zwar von “bedauern”, seine Mimik zeigt allerdings subtile Hinweise auf Ärger. Er zieht die Augenbrauen leicht zusammen und spannt die unteren Augenlider an. Dazu bläht er die Nasenflügel auf. Das sind Anzeichen für Ärger. Darüber hinaus zieht er die Oberlippe leicht hoch, was wiederum ein Signal für Ablehnung ist.

Ärger dient im positiven Sinne dazu uns abzugrenzen und uns durchzusetzen. Menschen, die einen kooperativen Führungsstil anstreben, fällt das Abgrenzen und Durchsetzen häufig schwer, weil sie naturgemäß verstärkt die Bedürfnisse der anderen im Blick haben.

Man könnte vermuten, dass Müller schnell unter Stress gerät, wenn er zum Beispiel in einer Interviewsituation ist, da ruhige und bedächtige Menschen wie er nicht besonders gerne im Mittelpunkt stehen und auch nicht gerne vor Menschen sprechen. Müller ist jedoch ein Profi. Er zeigt in Interviews nicht die geringsten Stresssignale. Häufig ist bei Politikern in Interviews zu beobachten, wie sie sich die Lippen lecken, im Gesicht kratzen, nicht still sitzen können oder übermäßig viel mit den Augen blinzeln. Diese Stresssignale zeigt Müller nicht, was darauf hinweist, dass er im Laufe seiner politischen Karriere Selbstsicherheit im Umgang mit den Medien aufgebaut hat.